Dachausbau unter Denkmalschutz im alten Mühlgebäude - Denkmalpflege im Fokus
Umbau des Bernsteinzimmers an der Großweidenmühle in Nürnberg
008 Planungs- und Ausführungszeit 1996 - 1998, Nürnberg
Die beiden Anwesen Großweidenmühlstraße 9 und 11 stehen unter Denkmalschutz und sind die baulichen Überreste der ehemaligen „Fehn'schen Mühle“, neben der „Großenweidenmühle“. Neben dem Mahlwerk wurde hier im Jahre 1700 ein städtisches Pumpwerk eingerichtet, von dem das Wasser in einen Hochbehälter im Turm der Hl. Kreuzkirche hochgepumpt wurde. Nach dem Tod des letzten Müllers 1985 wechselten die zwei versetzt aneinander gebauten Satteldachhäuser den Besitzer und wurden neuen, getrennten Nutzungen zugeführt. Diese Nutzungen machten es nötig, Mühlenanwesen Nummer 11, welches als Wohn- und Galeriehaus benutzt wird, komplett in Stand zu setzen.
Dachausbau unter Denkmalschutz im alten Mühlgebäude
Teilweise wurden Fassadenansichten nur nach Fotografien rekonstruiert. Mühle Nummer 11 erhielt im Rahmen der Instandsetzung eine neue Fassung der Fluss- und Straßenfassade. Die Dachkonstruktion mit Dachhaut wurde überarbeitet. Besonders aufregend waren die erdgeschossigen Holzböden, welche die Überflutungen des Hauses vom 17. bis ins 19. Jahrhundert schadenfrei überstanden haben, da sie mit Rückflutkanälen versehen waren.
Zur Konstruktion: Der Kern der Nummer 11 stammt aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Trennwandeinbauten mit Fachwerk und Teile der Deckenbalkenlagen sind noch aus dieser Zeit. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die alten Außenmauern abgetragen und durch neue dreiseitige Sandsteinfassaden ersetzt. Als vierte Mauer dient die Westwand der bereits bestehenden Mühle Nr. 9. Übrigens: im Erdgeschoss befindet sich die Galerie „Bernsteinzimmer“.
Das Ergebnis war so überzeugend, dass das Immobilienunternehmen „Kochinvest“ meint:
"Alte Häuser nur mit blauhaus."
Unser Auftrag: Instandsetzung der denkmalgeschützten Immobilie
Wenn ein Gebäude, das direkt an einem Fluss gegründet wurde und seit 300 Jahren als Wohnhaus genutzt wird, keine statischen Schäden aufweist und nicht von Holzschädlingen zersetzt wurde, dann war es schon aus damaliger Sicht eine ökonomisch kluge Entscheidung.
Unser Auftrag war die Instandsetzung der denkmalgeschützten Immobilie zu übernehmen, nachdem sich der Bauherr vom Vorplaner getrennt hatte. In solchen Fällen ist die Problematik, dass der übernehmende Architekt voll in die Gewährleistung eintreten sollte, sodass der Bauherr keine Haftungslücke hat. Das hieß für uns und für den Auftraggeber:
- Bekanntgeben des Architektenwechsels bei allen Planungs- und Prozessbeteiligten
- Sichtung aller Unterlagen, die bis zu diesem Moment erstellt wurden (Pläne, Verträge, Schriftverkehr)
- Beweissicherung zum Zeitpunkt der Übergabe
- Zusammenstellung der Baufehler, Restarbeiten und Baumängel
- Rückbau, um mangelfreien Zustand zu erreichen für den Neustart; Schadensersatzmaßnahmen gegenüber Vorplaner können parallel laufen
- Planung anpassen, evtl. Kostenüberprüfung und dann Fortführung der Arbeiten
- Fertigstellung des Projektes mit voller Haftung für den Neuarchitekten
In diesem Fall hieß das, dass wir die Baustelle erst einmal stilllegten, alle Rechnungen die angefallen waren zum Stichtag prüften und den Status Quo (Kosten und Entwurf) herstellten.
Konstruktiv und entwurflich waren unter anderem folgende Probleme zu lösen:
- Wie gehen wir mit dem aufgeständerten Boden im Erdgeschoss um? Historisch waren Eichendielen auf Steinen mit einem Zwischenraum von 50 cm geplant. Das Erdgeschoss stand teilweise bei Hochwasser 150 cm unter Wasser. So lief das Wasser durch das Haus auf die Straße und durch Öffnungen in der Fassade in den Bodenhohlraum zurück.
- Die Altane auf der Flussseite, die einen Laubencharakter hat, aber auch Wintergarten und Dachterrasse mussten nach Fotos und Skizzen aufgebaut und auch gedämmt und beheizbar gemacht werden.
- Wie gehen wir mit den Sandsteinwänden um, die weder innen noch außen gedämmt werden konnten?
- Was machen wir mit dem gefundenen Brunnen im Haus und wie reagiert der dann beheizte Innenraum auf das aufsteigende Kondensat des Brunnens?
- Wie bekommen wir eine großflächige Atelierverglasung genehmigt?
Fazit
Das Ergebnis dieses Projekts sind unorthodoxe Lösungen vieler Teilfragen, die oft außerhalb der anerkannten Regeln der Bautechnik liefen und bei denen ein starker Bauherr erforderlich war. Wir haben es im Dach geschafft, eine lichtdurchflutete Atelierverglasung einzubauen, mit warmen, innen sichtbaren Sandsteinwänden; im ersten Obergeschoss eine Künstlerwohnung mit Zonen zum Malen am Fluss in der Altane; im Erdgeschoss eine Galerie, die mit wechselnden Ausstellungen und Veranstaltungen seit 20 Jahren nachhaltig im soziokulturellen Bereich in St. Johannis für eine Bewirtschaftung sorgt.
Hervorheben möchten wir, dass alle bauzeitlichen Fenster, Böden, Türen, Treppen, Fensterläden und Natursteine geborgen wurden. Planerisch einzeln betrachtet, dann restauriert und wieder eingebaut. Das ist für uns ebenso ein hoher Nachhaltigkeitsaspekt in diesem Projekt, dass um jedes Bauteil gekämpft wurde und dass neue Architekturteile, wie Bäder und sanitäre Anlagen, im gleichen Duktus und der Struktur der Bauzeit errichtet worden sind. Ein Beispiel: Bäder wurden mit Keramikfliesen im Maß 15x15 cm gefliest, Waschtischkonsolen geschmiedet.
Eigenständige Einordnung statt Dominanz im Designprozess war die Devise von Olaf Jaeschke, der diesen Prozess steuerte.
Haus unter Denkmalschutz: Was ist bei einem Umbau, Sanierung oder einer Modernisierung zu Beachten? Wir helfen gerne weiter.
Skizzen & Grundrisse
Daten & Fakten
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