Die Freude des ersten Gedankens
Wettbewerb Innenraumgestaltung St. Lorenz Kirche
151 Planungs- und Ausführungszeit 2023, Nürnberg
Wettbewerbe sind für mich innere Orte der Freiheit, solange ich die Aufgabenstellung (Auslobung) nicht in den Händen halte. Warum? Davon möchte ich hier berichten - von meinem Abdriften vom ersten Gedanken und den darauf folgenden Irrwegen. Denn Geschichten über das Scheitern gehören in unserem Beruf dazu.
Nachdem die Gemeinde St. Lorenz mit einer großen planerischen Maßnahme in der St. Lorenz Kirche keinen Erfolg hatte - die Widerstände der Fachleute waren einfach zu groß - wurde ein Wettbewerbsverfahren im kooperativen Verfahren nach RPW (Richtlinien für Planungswettbewerbe) ausgelobt. In Zusammenarbeit mit Marius Schreyer Design bewarben wir uns um die Teilnahme und wurden, als eines von sieben Büros aus Deutschland, die entsprechende Referenzen für diese Aufgabe nachweisen konnten, zugelassen. Aus der Presse wusste ich ungefähr um was es geht und begann zu hirnen und zu skizzieren, die Schwerpunkte lagen dabei auf der Neugestaltung des Zuganges durch das Apothekenportal, der Mesnerstube sowie des Verkaufsbereiches.
Die freie Phase
Meine ersten Gedanken sahen im Südturm einen hoch freistehenden Körper vor, zwei Geschosse und unten einen Verkauf mit klappbaren Läden, farbig, beweglich und frei wie ein Möbel im Kirchenraum. Nachdem daraufhin eine Phase des christlichen Widerstandes - "Macht meines Vaters Haus nicht zur Markthalle!" folgte, in der ich dachte: wenn Jesus die Händler rausgetrieben hat, warum sollen wir dann einen Verkaufsstand hineinbauen, kam endlich die Auslobung.
Die Auslobung
Dreißig DIN A4 Seiten mit Aufgaben, Hinweisen, Beschränkungen und einer Liste von 27 fachkundigen Personen, die an dem Prozess der Bewertung beteiligt waren. Die Aufgabenstellung beinhaltete denkmalpflegerische, restauratorische, bauhistorische, archäologische, statische sowie vielfältigste funktionale, manchmal parallel liegende Anforderungen der Beteiligten. Ich spürte eine große Bürde, die diese Aufgabe in solch einem gotischen Bauwerk in mir erzeugte, im Umfeld mit den Großen der Kunst, wie Adam Kraft mit seinem Sakramentshäuschen oder Veit Stoß mit seinem Engelsgruß.
Das Verlassen der ersten Idee
Ab jetzt verlor ich die innere Lockerheit der ersten Phase. Ich versuchte den Spagat zwischen den vielfältigen Anforderungen und den Optionen der Auslobung zu bewältigen. Hunderte Stunden, Dialoge im Team mit Herrn Schreyer und allen Projektbeteiligten - viele Abwägungen und dann mein Verkrampfen: das zu frühe Festlegen auf EINE Lösung bzw. auf eine Variante. Die ursprüngliche Idee hatte ich zu diesem Zeitpunkt völlig aus den Augen verloren, vor allem das damalige Gefühl dazu. Ich konnte nicht mehr in Ruhe schlafen. Ich wollte es gut machen - der Preis war der Verlust der Wurzeln des eigenen Instinkts.
Fazit
Gewonnen hat eine wunderbare Lösung eines Kollegen aus Frankfurt, der wahrscheinlich seiner ersten Idee, einer zweigeschossigen Lösung mit Verkauf, treugeblieben ist - oder sie im Zuge der Entwurfsphase als richtig empfand und überzeugend umsetzte.
Ich schreibe das für mich auf, um es nicht zu vergessen und daraus zu lernen, das Kindliche nicht aus den Augen zu verlieren oder aber noch so professionell zu werden, dass ich im Prozess des Gestaltens immer wieder dahin zurückfinde.
Ich möchte mich hiermit bei Marius Schreyer, seinem und meinem Team bedanken für diesen Weg, das tief durchgearbeitete Ergebnis und die oben beschriebene Eigenerkenntnis sowie bei meiner Frau für die Geduld auf den vielen Gedankenwegen, die sie mit mir ging.
Skizzen & Grundrisse
Daten & Fakten
blauhaus Architekten BDA
Campestraße 10
90419 Nürnberg
Deutschland
E: mail@[at]blauhaus.[dot]net
T: 0911 - 393 735 80
Wir bearbeiten im Projektgeschäft folgende Sprachen: Deutsch, Englisch, Russisch