„Lösung aus der Wundertüte“ war nicht dabei
Städtebaulicher Ideenwettbewerb Reichsparteitagsgelände förderte kein rundum überzeugendes Ergebnis zu Tage
Baureferent Anderle trotzdem zufrieden: „Solider Fundus“ an Ideen – Überarbeitung soll „Vision“ eines Gesamtkonzepts bringen
Der international ausgeschriebene städtebauliche Ideenwettbewerb für das ehemalige Reichsparteitagsgelände hat nicht den von der Kommune erhofften „großen Wurf“ gebracht. Nach zwei Tagen Sichtung aller 82 Arbeiten vermochte die Jury keine herausragende Lösung zu erkennen.
Baureferent Walter Anderle ist dennoch davon überzeugt, dass mit einer Reihe von sehr guten Ideen“ der am besten platzierten Beiträge ein „solider Fundus“ vorliege. Auf dieser Basis soll ein Rahmenkonzept für das Areal entwickelt werden, worüber der Stadtrat zu entscheiden hat.
Seit Jahrzehnten vereint das 380 Hektar große Gelände viele, zum Teil widersprüchliche Nutzungen: NS-Bauwerke, Sportstätten, Grünflächen und Messe erheben ein vielfältiges Erscheinungsbild. Manches entstand zufällig. Eine systematische Entwicklung, die auch dem historischen Erbe gerecht wird, hat nie stattgefunden. Nicht zuletzt der Bau des Dokumentationszentrums trug zu einem Umdenken bei. Zu Beginn dieses Jahres lobte die Kommune den Ideenwettbewerb (Kosten: 600 000 Mark). Gestern präsentierten Anderle und der Vorsitzende der Jury, der Schweizer Architekturprofessor Carl Fingerhuth, die Ergebnisse.
An der „schwierigen städtebaulichen Aufgabe“ (Anderle) beteiligten sich 184 (Landschafts-)Architekten, überwiegend in Arbeitsgemeinschaften – 157 aus Deutschland, 27 aus EU-Ländern. An 13 Arbeiten sind Nürnberger Büros beteiligt. „Es gab keinen Überflieger“, stellte Anderle fest. „Dass es keine Lösung aus der Wundertüte“ (Fingerhuth) gab, dokumentierte das Preisgericht:
Es vergab keinen 1. Preis sondern nur zwei 2. Preise, einen 3. Preis und drei 4. Preise. Einen 4. Preis erhielt auch der Vorschlag der Nürnberger Johannes Peter Hölzinger, Josef Reindl und Berhard Lorenz. Ihr Entwurf sieht eine neue Gliederung des Raumes durch sezierende, den Vorgaben der Nazi-Architektur widersprechende Schnittachsen vor. An acht Punkten sollen Informations-Räume geschaffen werden, die den Vergleich des heutigen Zustands mit den NS-Plänen ermöglichen.
Der eine 2. Preis der Berliner Erk Meinertz und Harms Wulf beschränkt sich im Wesentlichen darauf, das Bestehende zu bewahren, „um die Würde des Ortes nicht zu stören“, wie Fingerhuth formulierte. Dabei wird die Monumentalität des Ortes noch unterstrichen. Im Gegensatz zu dieser, auch in anderen Arbeiten zu beobachtenden Grundhaltung, steht der andere 2. Preis des hessischen Teams Martina Erbs und Martin Stadler. Sie nehmen gezielt Eingriffe vor, schaffen mit einem „Vegetationsband“ vom Zeppelinfeld zum Silberbuck eine freie „Blickachse“.
Unter den eingereichten Projekten finden sich unter anderem ein großer Fun-Park, ein Entertainment-Center oder Gondeln, die über das Gelände schweben. Auch der Architekt des Doku-Zentrums, Günther Domenig, beteiligte sich. Er konnte mit seinem Entwurf, in der Kongresshalle einen botanischen Garten zu schaffen und davor ein neues Bauwerk zu pflanzen, nicht überzeugen. Für Fingerhuth ist klar, dass nun in Nürnberg erst ein „großer Diskurs einsetzen muss“. Die Stadt habe darauf zu achten, dass dieser „Ort von globaler Bedeutung nicht zerfällt in Trivialität“.
Anderle will die Planer der sechs besten Entwürfe zu einem Gespräch laden. Anschließend soll eines der Büros der beiden 2. Preisträger die „Vision“ eines abschließenden Konzepts entwickeln.
Quelle: Nürnberger Nachrichten