Traumhotels in Bayern

HOTEL VICTORIA

Autor        Ralf Eibl
Verlag       Callwey

ISBN 978-3-7667-2022-1

Zugegeben, wir hätten auch dem Tipp der Rezeptionistin im Hotel Victoria folgen können. Sie hatte empfohlen, den Unschlittplatz zu besuchen, mit den Worten: „ Dieser Platz ist dank der vielen Fachwerkhäuser und dank seiner irregulären Form gleichzeitig historisch, romantisch und malerisch! Ganz spannend ist die Geschichte von der Brunnenfigur, dem Dudelsackpfeifer...“ Einen Trunkenbold zu sehen, der während der Pestepidemie verschleppt wurde und sich nur durch Blasen seines Dudelsacks aus der Misere befreien konnte, klang eigentlich vielversprechend. Trotzdem hatte der Unschlittplatz schlechte Karten, denn wir wollten einmal ins Zimmer eingecheckt, das Hotel überhaupt nicht mehr verlassen. Zu meditativ und dramatisch war die Aussicht aus unserem Fenster auf den Klarissenplatz. Diese Attraktion liegt hinter der 1896 erbauten Privatherberge. Die erste Stunde starrten wir gebannt auf eine Farbwolke von Gotthard Graubner, die Farbe und Raum in Gedanken, Begriff und Erscheinung zugleich anschaulich werden ließ. Graubners Werk gehört zur ständigen Kunstsammlung des gegenüberliegenden Neuen Museums in Nürnberg. Die Ausstellung will in der verwirrenden Vielstimmigkeit zeitgenössischer Kunst Orientierung vermitteln. Wobei sie uns erstmals auf das herrlichste in den Nachmittag hinein irrlichten ließ. Unter unserem Fenster rauchte es zudem wie unter einer riesigen Regenwasserdusche. 16 sprudelnde Wasserwände bauten sich nacheinander auf und wieder ab. Jeppe Heins begehbare temporäre Brunneninstallation injizierte dem bislang recht besinnlichen Klarissenplatz seine ganz eigene Dramatik. Die meisten Brunnenbesucher stellten sich nämlich relativ nichtsahnend in das Zentrum des Quadrates, um dann erschrocken zu beobachten, wie eine Wasserwand nach der anderen sich vor ihnen aufbaute und den Rückweg versperrte. Wir beobachteten das Spektakel ganz entspannt aus dem Trockenen unserer Wohlfühlzone namens „KulturGenuss“, so heißen die Zimmer mit Blick auf den Klarissenplatz. 62 modern ausgestattete Zimmer in sechs Kategorien gibt es, mit zum Teil so bedeutungsvollen Namen wie „KreativSchub“ und LebensRaum“.

Die Lage des „Victoria“ zwischen Königstorturm, historischem Handwerkerhof, mittelalterlicher Stadtmauer und Neuem Museum ist einmalig. „Bevorzugtes Hotel für Geschäftsreisende! Absolut kein Eisenbahngeräusch! Jeglicher Komfort der Neuzeit!“, so warb das Haus einst für sich. Heute ist natürlich vieles anders, obwohl der Hauptbahnhof immer noch keine hundert Meter entfernt ist.

Tradition ist wichtig, das merkt, wer sich mit Sabine Powels, der Geschäftsführerin des Privathotels, unterhält. Ihr Urgroßvater Joseph Schuler hatte das Victoria in den Twenties gekauft und es von 1945 bis 1948 wiederaufgebaut. Aber sie muss nicht mehr so schwer daherkommen, wie die riesige Sammlung an altem Hotelsilber, die noch aus der Gründerzeit stammt und die wirren Kriegsjahre im Tiefkeller überstanden hatte. Dennoch kommt es regelmäßig bei dem wirklich sehr opulenten Frühstücksbuffet zum Einsatz. Denn „Tradition modern erleben“ ist das Motto dieser Herberge.

Das Hotel hat sich für seine Gäste eine beachtliche Anzahl an Arrangements ausgedacht. So bietet es Themenspaziergänge, die die Besucher durch die Straßen führt: Da wäre beispielsweise das „humanistische“, „spielerische“, „künstlerische“ und „blühende“ Nürnberg sowie „Stadt der Menschenrechte“. „So können unsere Gäste auf individuelle Art und Weise die Umgebung aus anderen Blickwinkeln kennenlernen“, weiß Sabine Powels. Nürnberg- Entdecker wie Stubenhocker sind hier in besten Händen.

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