Töchterchens Schmuckkästchen

ArchitekTour: Wie eine vierköpfige Großreuther Familie ihr Platzproblem löste - „Schwalbennest“

Bauherren, die eine gebrauchte Immobilie erwerben, werden mit großer Wahrscheinlichkeit immer Bauherren bleiben. Einfacher gesagt: Irgendetwas werden sie immer um- oder anbauen und, wenn sie hinten fertig wären, vorne wieder neu mit der Arbeit beginnen.

Ob diese weit verbreitete Nest-Bau-Wut gesellschaftliche Explosivkräfte bindet und die Schritte statt zur Demo zu Obi und Praktiker lenkt, darüber ist erschöpfend philosophiert worden. Eins steht fest: Das ästhetische Elend vieler Siedlungen berichtet von Bauherren-Lebensläufen, die sich zwischen selbst gezimmerten Carports, prächtigen Wintergärten und aufwändigen Dachausbauten erschöpft haben.

Stefanie Dürr und ihr Mann Dave Richardson aus Großreuth hinter der Veste sind ganz anders veranlagt. Sie haben ihren 1993 erworbenen Altbau, ein schlichtes Doppelhaus aus den frühen 50er Jahren, in zwei Schüben dem Wachstum der Familie angepasst.

Komplizierte Aufgabe

Flogen anfangs die Wände raus und wurde der schöne Garten an der Daumerstraße endlich durch eine Glastüre erreichbar, schien ihnen zehn Jahre später die Aufgabe zu kompliziert, um sie selbst zu bewältigen. Mathias Hennig (blauhaus Architekten) sollte Raum für die zehnjährige Tochter im ersten Stock schaffen.

Ein „Schwalbennest“, so Hennig, schien die richtige Lösung zu sein. Auf der linken Seite der großen, ochsenblutfarbenen Giebelfläche sitzt seither ein mit Lärchenholzlatten verkleideter Kubus, belichtet durch ein schmales, bodentiefes Fenster.

Selbstbewusst, fast dominant streckt das Haus nun Töchterchens Schmuckkästchen zum Straßenplatz hinaus. Die statisch notwendigen, optisch aber zu dünn geratenen Beinchen, auf denen der kantige Bau lastet, würde man sich freilich gerne fortdenken.

Der Familie hat die Holzkonstruktion im ersten Geschoss ganz nebenbei eine nach Süden orientierte Terrasse eingebracht, die auch noch unterkellert werden konnte.

Bau-Schub

Wie gesagt, schwer ist das Aufhören, den Dürr-Richardsons ging es nicht anders. Ein scheußlich vergilbter Plexiglas-Hauseingang wich schnell noch einer geräumigen Glas-Diele, die das Lärchenholz-Thema nach Westen wiederholt, der Garten wurde generalüberholt. Stopp! Nicht vor Erreichen des Rentenalters will man den nächsten Bau-Schub in Angriff nehmen, heißt es. Dann allerdings könnte man die kleine Terrasse verglasen...

Quelle: Nürnberger Nachrichten

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