Sinnieren im Gasthaus und Barock-Garten

Schau zur Frühzeit der Nürnberger Akademie: Detailreiche Basisforschung, die aber schwer vermittelbar ist

Das „Jahr der Kunst“ in Nürnberg nimmt Pfad auf: Eine Ausstellung im Stadtmuseum Fembohaus beleuchtet jetzt die Jahre von 1662 bis 1806 und damit die Frühzeit der Nürnberger Kunstakademie, die ihr 350-jähriges Bestehen feiert.

Wie bekommt man knapp 150 Jahre Kunstakademie auf 350 Quadratmetern Ausstellungsfläche in den Griff? Ein ebenso ambitioniertes wie verdienstvolles schwieriges Unterfangen. Man muss sich konzentrieren – auf die geschichtlichen Eckpunkte, auf wichtige Personen oder vielleicht die Standorte der Akademie im Stadtgebiet. Von allem gibt es reichlich, so reichlich, dass man jeweils eine eigene Ausstellung dazu machen könnte.

Das Problem an der Präsentation im Fembohaus ist, dass sie keinen dieser Stränge konsequent verfolgt und anschaulich aufarbeitet, sondern von allem ein bisschen bietet. Das macht die Sache für Unkundige doch reichlich unübersichtlich und verwirrend. Und die Unkundigen dürfen in der Mehrzahl sein, denn ein Verdienst dieser akademischen Ausstellung ist es, dass sie zum Jubiläum Basisforschung zur Geschichte dieser einzigartigen Institution betrieben hat. Es handelt sich (wie ausführlich berichtet) immerhin um die älteste Kunstakademie im deutschprachigen Raum. Mit hochkarätigen Werken aus städtischem Bestand sowie dem 1724 angelegten goldenen Buch der Akademie wird das Thema bebildert.
Warum wurde ausgerechnet Nürnberg Ort eines so außergewöhnlichen Ereignisses? Und wie gelang es der Akademie, über einen so langen Zeitraum hinweg zu bestehen? Spannende Fragen, die der druckfrische Katalog im Vorwort formuliert und auf seinen beinahe 200 Seiten wohl auch beantwortet. In der Ausstellung muss man sich die Fakten mitunter mühsam zusammenklauben, zumal auch die meist tief unter den Exponaten angebrachten Texte schwer lesbar sind.
Zum Auftakt veranschaulichen Grafiken, Gemälde und auch ein „Mini-Hesperidengarten“ im Museumshof den Zeitgeist, dem die Akademie entsprang. Die Stadt war kurz nach Ende des Dreißigjährigen Krieges hoch verschuldet. Dennoch entwickelt sich ein erstaunlich komplexes kulturelles und geistiges Leben. Zeitgleich mit der Akademien entsteht zum Beispiel auch der Pegnesische Blumenorden.

Das Kriegsende bescherte Nürnberg 1649 das Berühmte „Friedensmahl“ und einen prominenten Neubürger: Joachim von Sandrart hielt das Festmahl mit Wein speienden Löwen auf einem Gemälde fest, wurde fürstlich dafür entlohnt und engagierte sich fortan nicht nur als Künstler und Kunsttheoretiker, sondern auch als Förderer der Akademie  in Nürnberg. Deren Direktoren und Standorte (vom Gasthaus zur Rose am Weinmarkt über die Burg bis zum heutigen Domizil in Zabo) fasst jetzt erstmals eine tabellarische Übersicht zusammen.
Und was war nun das Überlebensrezept der Akademie, bis sie 1806 königlich-bayerisch wurde? „Nicht nur Künstler und Gelehrte, sondern die ganze Stadt hat die Idee getragen“, erklärt Kuratorin Ursula Kubach-Reutter. Von solch einer breiten Unterstützerfront kann die Einrichtung heute nur träumen. Und noch zwei Faktoren kommen nach Ansicht der Kuratorin dazu: In einer Reichsstadt wie Nürnberg blieb man mit gewisser Beharrlichkeit an Projekten, die man einmal begonnen hatte. Außerdem wollten die Nürnberger ganz selbstbewusst von ihren eigenen Künstlern porträtiert werden.

Quelle:
Nürnberger Nachrichten vom 16.05.2012, Birgit Ruf.

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