Nonkonforme Nachzügler

Ob klassischer Stahl-Glas-Kubus oder luftiges Gartenzimmer – der Möglichkeiten, ein Haus zu erweitern, gibt es viele. Drei Licht- und Luft-Projekte:

Generationenhaus. In Stadtnähe sind günstige Bauplätze rar Was tun, wenn es am Glück fehlt, einen bezahlbaren zu finden? Petra N. und Klaus N. aus Burgthann haben sich für die Lösung „Generationenhaus“ entschieden.

Mit den Eltern der jungen Frau lebte das Paar schon unter einem Dach, doch der Platz wurde kapp, weil es seine eigene kleine Familie gründen wollte. Was also tun? Am verlockendsten schien allen die Idee, das Gebäude aufzustocken. „Die Vorteile lagen auf der Hand“, sagt Petra N. „Das Haus meiner Eltern liegt wunderbar an einem Südwesthang auf einem schönen Grundstück. Wir fühlen uns sehr wohl in Burgthann, und natürlich ist da auch die Vertrautheit mit meinen Eltern. Sie könnten gern Kinder, Haustiere und Pflanzen betreuen, dafür sind wir wenn nötig für sie da. Das ist ein großer Vorteil des Generationenhauses.“

Das Büro „blauhaus architekten“ stellte schnell fest: Aufstocken ist aus Gründen der Bodenqualität nicht möglich, besser ist ein Anbau. Damit eröffneten sich plötzlich völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten, denn das bestehende Raumgefüge musste geringfügig geändert werden. Man konnte in der Erweiterung großzügige Räume mit bodentiefen Verglasungen, Fußbodenheizungen und Terrassen entwickeln. Die Frage war nur: Wie stelle ich einen Anbau mit einem Gewicht zwischen fünfzehn und zwanzig Tonnen auf eine zehn Meter dicke Sandschicht, die durchsetzt ist mit wasserführenden lehmigen Schichten?

Der Architekt entwickelte ein Pfahlrostsystem. Die Idee: Es werden neun dünne Bohrpfähle circa zehn Meter in die Tiefe des Baugrundes gebohrt, darüber kommt ein Rost aus Beton und darauf dann ein Holzkubus in Rahmenbauweise auf Niedrigenergiehausbasis. Die Fuge zwischen Alt- und Neubau füllt ein graziles gläsernes Treppenhaus. Nun musste dem vom Erscheinungsbild der umliegenden Häuser doch sehr abweichenden Entwurf „nur noch“ der Gemeinderat zustimmen. Und wie das in vielen Gemeinderäten so ist, setzen sich dann doch bei zeitgemäßer Architektur eher die progressiven Personen durch.

Die Familie lebt nun zwischen den Welten: Sie schläft im Dachraum des Altbaus und bewegt sich über einen gläsernen Treppenraum in den zweigeschossigen Neubau. Dort ist ins Obergeschoss eine großzügige Küchenlandschaft mit Essplatz gebaut; und wer davor auf der südwestorientierten Terrasse sitzt, kann einen wunderbaren Blick ins Tal nahe der Burg Thann genießen. Im unteren Geschoss befindet sich ein überdachter, großzügig verglaster Rückzugsbereich; darin integriert ist eine nischenartige Erweiterung für die Kaminecke.

Solche Erweiterungen sind auch im kleinen Stil möglich, zum Beispiel um ein Kinderzimmer zu vergrößern. Ist es nicht überzogen, einen Architekten für ein so kleines Projekt ins Boot zu holen, mag sich mancher fragen? Nein. Niemand sollte sich davor scheuen, denn er kann aufgrund seiner Leidenschaft überraschende Ideen entwickeln.

Büchertürme
Wer hat nicht als Kind Bücher gestapelt, um Kuchen vom Tisch oder Schokolade aus dem Schrank zu stibitzen? Auch ein Ehepaar in Nürnberg wollte hoch hinaus – und schaffte das mit Hilfe seiner vielen Bücher.

Die Aufgabe, die das Ehepaar dem Büro „blauhaus architekten“ stellte, war zunächst klar umrissen: Auf dem eingeschossigen Teil des Zweifamilienhauses in Nürnberg sollte ein verglaster Freisitz entstehen. Nachdem der Architekt sich das 400 Quadratmeter große Haus näher angeschaut hatte, war er beeindruckt und inspiriert: Das Ehepaar hatte eine unglaublich große Sammlung an Büchern, die in vielen zu Minibibliotheken umfunktionierten kleinen Räumen untergebracht war. Es gab keine „Mitte“ im Haus.

Wie ist es möglich, den gewünschten Blick in die Ferne zu realisieren, aber auch einen neuen Raum zu schaffen, um diesem großen Zweifamilienhaus eine fehlende Mitte zu geben? Und: Wie kann „das Buch“ Thema einer privaten Architektur werden? Wie mit seinem starren Umschlag und seinem weichen Kern – den Seiten – einen Raum definieren?
Die Idee: Ein Turm aus Büchern – eine Privatbibliothek! Ein Kubus, gleich einem überdimensionalem Buchstapel. Ein Kubus, gestütz durch ein Stahlregalsystem, an drei Seiten gefüllt mit tausenden Büchern, mit Türmen aus Büchern. Die Front verglast, den Blick ins Innere des Buch-Kubus, auf „die Seiten“ freigebend.

In das bestehende Gebäude ist nun ein zweigeschossiger 7x7x7-Meter-Kubus eingefügt worden. Basis ist ein Stahlregalsystem, das die Fassade bildet, die Bücher trägt und für die Stabilität des Gebäudes sorgt. Großflächige Glasfronten gewährleisten den Blick in die Ferne.

Bei seinem letzten Besuch fragte der Architekt die Bauherren, ob sich ihr Leben verändert habe. Ja, sagten sie, sie seien glücklicher geworden. Warum? Weil sie erst mit dem Umbau getan haben, was ein bibliophiler Mensch tun sollte: Büchern Licht, Luft und Leben geben.

Gartenzimmer
„Warum habe ich eigentlich bei dem Gartenzimmer so lange gezögert?“, fragt der Bauherr den Architekten, während beide in dem vierseitig verglasten Raum sitzen. „Frauen und Männer haben oft unterschiedliche Meinungen zum Thema Bauen“, schmunzelt der Architekt.

Die Geschichte: Die Familie mit drei Kindern hatte sich ein historisches Dreifamilienhaus in Nürnberg gekauft und es mit Hilfe von „blauhaus architekten“ abschnittsweise saniert. Als i-Tüpfelchen wünschte sich die Frau ein lichtdurchflutetes Gartenzimmer mit weichem Übergang aus dem Altbau. Der Bauherr zögerte, ließ sich jedoch auf eine Idee des Architekten ein. Durch ein ehemaliges Fenster, dessen Brüstung entfernt wurde, betritt man nun den allseitig verglasten Raum. Er harmoniert einerseits mit der Holzfassade des Altbaus, indem er die Vertikalstruktur der Holzverkleidung übernimmt, andererseits bleibt er in Farbe und Material sehr dicht bei den Möbeln, die die Familie schon besaß. So ist ein Zimmer im Garten entstanden, und oft ist es gut, dass die Frauen beim Bauen das Sagen haben.

Quelle: QM - Immobilien Magazin

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