Mittwochs Interview

mit Mathias Hennig

Dank Novellierungen des Baugesetzbuches kann man sich den Traum vom eigenen Haus schneller erfüllen. Die Kehrseite von weniger Bürokratie heißt aber: mehr Eigenverantwortung von Bauherrn und Architekten.

Da allerdings nicht alles reibungslos klappt, sind zunehmend Spezialisten gefragt, die beraten, Gutachten „erstatten“ und im Streitfall vermitteln – wie der in Nürnberg lebende Architekt Mathias Hennig (Jahrgang 1964), seit zehn Jahren Chef der Firma „blauhaus“.

Herr Hennig, wie man Ihrer Homepage www.blauhaus.net entnehmen kann, sind Sie in verschiedenen Bereichen des Bauprozesses tätig. Welche Rolle ist Ihnen am liebsten?

Hennig: Es gibt zwei Bereiche, die mir wichtig sind. Das eine ist die Mediation, das Streitschlichten ohne Gericht; das zweite ist der gedanklich-entwurfliche Prozess mit anschließender Umsetzung der Projekte.

Wie sind bei Ihnen die Aufgaben verteilt?

Hennig: Die Arbeit teilt sich in drei wesentliche Teile: 1. Die Steuerung der Projekte; 2. Die Sachverständigentätigkeit; 3. Die Geschäftsleitung des Unternehmens.

Was war die Ursache, dass Sie das klassische Berufsfeld des Architekten ausdehnten?

Hennig: Ich habe in den ersten Jahren für verschiedene Parteien gearbeitet. Das Ergebnis waren oft umfangreiche Gutachten, die dann Juristen und andere Sachverständige bearbeiteten, ich dann wieder Gegengutachten erstellte – der Kunde blieb dann oft finanziell und nervlich auf der Strecke, ohne dass eine befriedigende Lösung gefunden wurde.

Wo liegen die Gründe für viele der Streitigkeiten?

Hennig: An unpräzisen vertraglichen, handwerklichen und planerischen Prozessabläufen.

Sollte der Gesetzgeber wieder mehr die Stadtverwaltung in die Pflicht nehmen?

Hennig: Ich finde es richtig, dass die Behörde sich zurücknimmt. Jeder Planer muss präzis und genau bei z.B. Baugestalt, Statik, Abstandsflächen und Schall-, Brand- und Wärmeschutz arbeiten Das Problem ist, dass die zusätzliche Haftung des Architekten nicht vergütet wird, obwohl die höhere Verantwortung Mehrarbeit bedeutet. Jede Abweichung von einer DIN-Norm kann ein Rechtsbruch bedeuten.

Geben Sie ein Beispiel.

Hennig: Eine Familie hat feuchte Kellerräume in ihrem Haus. Das Normverfahren zur Behebung des Mangels kostet 30 000 Euro, ein nicht genormtes 10 000 Euro. Hier ist es entscheidend, dass ich die juristischen und technischen Konsequenzen aufzeige, ohne dabei mit dem Rechtsberatungsgesetz in Konflikt zu geraten.

Viele kaufen bei Bauträgern, andere bauen auf eigene Faust. Wo gibt es mehr Streit?

Hennig: Im privaten Wohnungsbau sind mir viele Fälle bekannt. Es fällt aber auf, dass sich die Leute beim Kauf eines Videorecorders mehr informieren als beim Umgang mit Immobilien.

Trotz aller Reformen muss noch vorab bei der Kommune abgeklärt werden, ob ein Vorhaben zulässig ist. Wie sind Ihre Erfahrungen bei der Stadt Nürnberg?

Hennig: Im Baurecht gibt es immer einen Ermessensspielraum der Kommunen. Insgesamt habe ich mit dem Dienstleistungszentrum Bau sehr gute Erfahrungen gemacht, ebenso mit dem Stadtplanungsamt. Die Untere Denkmalschutzbehörde sollte mehr Vertrauen in die vielen verantwortungsvollen Architekten dieser Stadt legen.

Was tun Sie zum Beispiel, wenn es um den Fluchtweg bei einem Baudenkmal geht, wo nur 80 statt 100 Zentimeter Breite möglich sind?

Hennig: Ich vereinbare als erstes einen Ortstermin mit allen Beteiligten, höre mir die Bedenken der einzelnen Partner an und versuche dann, den Sachverhalt aus brandschutz-, bauordnungs- und baurechtlicher Sicht zu begutachten und dann gemeinsam Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Ohne Kompromisse sind Rechtsstreite programmiert.

Wie ist das, wenn Sie gutachterlich gegen einen Kollegen vorgehen müssen?

Hennig: Ich habe gute Erfahrungen gemacht, weil dann das Problem versachlicht wird. Nicht jeder Riss ist ein Mangel, und Auftraggeber bewerten ihr Zurückbehaltungsrecht des Werklohns oft über.

Wie sehen Sie selbst die Rolle des Baumeisters?

Hennig: Ich bin jemand, der sich an der Aufgabenstellung orientiert. Nein-Sagen ist ein Markenzeichen von uns! Mit dem Wenigen, was wir gut können, arbeiten wir gegen Beliebigkeit und Austauschbarkeit.

Quelle: Nürnberger Nachrichten

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