Jetzt Galerie Bernsteinzimmer – Ehemals Fehnsches Wohnhaus.

Grossweidenmühlstr. 11

Erläuterungsbericht zur Instandsetzung und Modernisierung Grossweidenmühlstr. 11, ehemals Fehnsche Mühle

Die Geschichte:

Frühe Industriekultur
Als Teil einer historischen Mühlenanlage befindet sich das Gebäude am Pegnitzufer im Stadtteil Johannis. Bereits Albrecht Dürer hielt den Reiz dieses Ensembles in seinen Skizzen fest. Als letzte Nürnberger Getreidemühle, bis dahin über 110 Jahre im Besitz der Familie Fehn, stellte sie 1967 ihren Betrieb ein. Das ehemalige Müllerswohnhaus, die Nr. 11, wurde 1995 von Herrn Volker Koch erworben. Die Mühle, die Nr. 9, blieb im Besitz der Familie Fehn, stadtbekannt jedoch durch das Restaurant „Etage“ mit vorzüglicher Küche.

Der Kern der Nr. 11 stammt aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Trennwandeinbauten mit Fachwert und Teile er Deckenbalkenlagen sind noch aus dieser Zeit.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die alten Außenmauern abgetragen und durch eine neue dreiseitige Sandsteinfassade ersetzt. Als vierte Mauer diente die Westwand der bereits bestehenden Mühle.

1996 begannen die Sanierungsarbeiten an dem denkmalgeschützten Gebäude durch unser Büro und act – Herrn Olaf Jaeschke und Herrn Alexander Kubatzky. Vorausgehende Befunduntersuchungen, eine enge Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde und behutsames Vorgehen bei Planung und Baumaßnahmen schützen die historische Bausubstanz und bewahren den natürlichen Charme des Anwesens.

Das Konzept:

Eine Galerie und Künstlerhaus
Die ehemalige Mühle, die sich zur Straße hin eher verschlossen gibt, öffnet sich großzügig und licht zur südlich fließenden Pegnitz. So entsteht eine Atmosphäre der meditativen Ruhe und Abgeschiedenheit.

Die Galerie
Die Galerie befindet sich im ebenerdig gelegenen Parterre mit seinem historischen aus Lindenholz geschnitzten doppelflügligen Tor zur Straße. Sie besteht aus einem L-förmigen Trakt mit größtenteils original erhaltenen Eichenholzböden. Im Eingangsbereich befindet sich unter einer eichenen kreisrunden Bodenluke der hauseigene Brunnen. Er wurde erst bei Fundamentierungsarbeiten entdeckt und freigelegt. Zwei weitere kleinere Räume schließen sich an der Galerie an. Einer davon, die ehemalige Waschküche, weist noch den Bodenbelag aus großformatigen Juramarmorplatten aus dem 19. Jahrhundert auf.
Südseits und direkt am Flussufer gelegen befindet sich die ebenfalls historische, hölzerne Veranda. Sie zieht sich über die gesamte Länge des Komplexes und wird von der Galerie aus über einige, nach unten führende Stufen betreten. Von hier aus kann man nur knapp über der Wasseroberfläche sitzend den Blick auf die Pegnitz in beide Flussrichtungen genießen. Unter der Veranda über stählerne Stufen erreichbar liegt ein Freisitz am Fluss, der nur wenige Zentimeter über der Wasserfläche liegt.

Das Atelier:

Über eine alle Geschosse verbindende neogotische Holztreppe gelangt man ins Atelier im ersten Geschoss, wo sich auch die erste der beiden Einliegerwohnungen befindet. Hier wurde einer der Räume mit Architekturmalereien und Holzlamberien originalgetreu restauriert. Ihm schließt sich die künftige Bibliothek an, in der ein gusseiserner Ofen mit gläserner Feueröffnung auch in der kalten Jahreszeit für Atmosphäre und Behaglichkeit sorgt. In beiden Räumen sind die Böden original erhalten bzw. wieder rekonstruiert.

Das Bad ist mit hochwertigem englischen Steinzeug gefliest, welches sehr an die fränkische Fliese des 19. Jahrhunderts erinnert, die in vielen unserer Häuser in Johannis noch bewundert werden kann. Die sich bewusst zurücknehmende Gestaltung wahrt bei allen technischen Erfordernissen der Authentizität der ehemaligen Mühle.

Zwei hohe, doppelflüglige Glastüren, die für zusätzliche Helligkeit und Transparenz sorgen, führen von Küche und Treppenhaus auf die flussseitig gelegene Veranda.
Diese war und ist über die ganze Fläche verglast und wurde gemäß ihrem historischen Vorbild rekonstruiert. Sie erlaubt nun eine ganzjährige Nutzung als Wintergarten, von dem aus man dem Treiben der Enten und Möwen zusehen kann.

Weit zu öffnende Fensterelemente ermöglichen im Sommer terrassenartigen Aufenthalt im Freien und schaffen mediterrane Stimmung. Direkt der Veranda angegliedert und erkerähnlich über den Fluss vorspringend, befindet sich das kleine Lesezimmer, das durch seine Lage einen weiten, ungetrübten Blick flussabwärts ermöglicht.

Das Kunstlager
Das Kunstlager sowie die weite Einliegerwohnung befinden sich im 2. Obergeschoss. Durch einen zusätzlich geschaffenen Balkon, hat dieses Geschoss eine völlig neue Qualität gewonnen. Einem Storchennest gleich, über dem Lesezimmer gelegen, hat man nun einen unvergleichlichen Blick über den Fluss und seine Umgebung.
Der vorhandene Kachelofen wurde restauriert und instandgesetzt.
In dem T-förmigen Bad, das von der Ausstattung dem Bad im ersten Stock entspricht, sind durch mattierte Glastüren die Sanitärzonen gegliedert. Auch hier wurde auf äußere Schlichtheit und hochwertigste Ausführung geachtet. Eine Kuriosität, die sich im zweiten Stockwerk besonders angenehm ausnimmt, bildet die historische Klingelanlage. Rein mechanisch über Seilzüge betrieben verbindet sie alle Ebenen mit dem Eingangsportal.

Über eine hölzerne Stiege gelangt man in das neu ausgebaute Dachgeschoss. Im Grundriss einem griechischen Kreuz ähnelnd, weist es ein Haupt- und zwei Nebenschnitte auf, die in ihrer Wortbedeutung auf das Leben am Fluss hindeutet. In diesen wurden zwei neue große Fensteröffnungen geschaffen. Sie sind historische Industriefenstern nachempfunden und ermöglichen so von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang ein stimmungsvolles und gleichmässiges Licht. Ein gusseiserner Ofen und ein Klimagerät sorgen dafür, dass der Dachraum individuell temperiert werden kann.

Details:

Unendlich viel Geduld und Uhrmacherarbeit war insbesondere durch den Künstler Herrn Olaf Jaeschke erbracht worden, um die vielen kleinen Dinge, die das Leben in unserem Stadtteil so schön machten, zu erhalten und weiterzuentwickeln; die Holzklappläden mit ihren wundervollen Schlössern, die Restauration des Hochwasserrings, die Beschläge der Eingangstür, das fränkische Kastengesims.

Diese Liste, liebe Leser, liesse sich beliebig fortsetzen. Überzeugen Sie sich selbst bei einem kleinen Spaziergang, haben Sie Glück ist die Kunstgalerie im Erdgeschoss offen, dann treten Sie ein, in die Traumwelt des Schiefen, des Schummrigen und des ständig Änderbaren.

Das Ergebnis ist eine Synthese von schützenswerter, historischer Bausubstanz und aus den Anforderungen zeitgemäßen Wohnens, ohne dabei das Gleichgewicht einer über Jahrhunderte gewachsenen Atmosphäre zu stören.

Ihr Architekt
Mathias Hennig

Quelle: Viertel 5

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