Institut zur Selbsthilfe

Vor 75 Jahren gründeten Eisenbahner die Sparda-Bank

Der Club hatte am Wochenende zuvor die Offenbacher Kickers mit 5:1 vom Platz gefegt, gleichzeitig gingen die Bayern in Wien mit 1:3 baden. Rein sportlich betrachtet war – aus fränkischer Sicht – an diesem milden Vorweihnachtstag alles in Butter.

Sonst jedoch gab es kaum Anlass zur Euphorie für die 104 Eisenbahner, die am 22. Dezember 1930 im Kongress-Saal des Nürnberger Hauptbahnhofs zusammenkamen, um die Reichsbahn-Spar-und Darlehnskasse zu gründen. Nach dem Vorbild der ersten Sparda-Bank, die rund dreieinhalb Jahrzehnte zuvor in Karlsruhe aus der Taufe gehoben wurde, schufen die Franken an diesem Montag eine finanzielle Selbsthilfeeinrichtung zur gegenseitigen Unterstützung.

Das war bitter nötig: Der „Schwarze Freitag“, der Börsenzusammenbruch an der New Yorker Wall Street, lag gerade einmal etwas mehr als ein Jahr zurück, die Weltwirtschaftskrise hatte längst auch die Reichsbahn erreicht. 25 000 Mitarbeiter zitterten hier um ihre Stellen. Bereits 14 Prozent der Erwerbstätigen im Reich gingen stempeln. Als Nutznießer der explosiven Lage stand die NSDAP in den Startlöchern: Bei den Reichstagswahlen im September hatte die Partei Hitlers – stimmenmäßig aus dem Nichts kommend – nach den Sozialdemokraten den zweiten Platz unter den Parteien ergattert. In dieser unruhigen Zeit sollte die genossenschaftliche Sparda-Bank ihren Mitgliedern „sichere und vorteilhafte Anlagemöglichkeiten für Spargelder“ sowie „günstige Darlehen“ bieten.

Grundsätze unverändert

Ein Dreivierteljahrhundert später hat sich die Zahl der Mitglieder mehr als vertausendfacht. 2004 begrüßte das Geldhaus Mitglied Nummer 140 000. An den Grundsätzen habe sich jedoch nichts geändert, betont Stefan Schindler, Vorstandsmitglied der Sparda-Bank Nürnberg eG. Noch immer habe die Genossenschaftsbank laut ihrem Marketing-Chef das Wohl ihrer Kunden im Auge, nicht das von Aktionären. Noch immer fühle sich die Bank mit der Region verwachsen. Noch immer muss Mitglied in der Genossenschaft werden, wer bei der Sparda ein Konto eröffnen möchte.

Bei der Auswahl der Genossen ist das Institut aber mittlerweile sehr viel großzügiger. In den ersten Jahrzehnten durften ausschließlich Bahnmitarbeiter beitreten. In den 70er Jahren öffnete sich das Geldhaus allen Angehörigen des öffentlichen Dienstes.

Heute akzeptiert die Bank jeden, der Lohn, Gehalt oder Rente empfängt. Nur durch die Öffnung konnte die Sparda stark genug wachsen, um im harten Konkurrenzkampf unter den Kreditinstituten zu bestehen.

Auch andere, zunächst auf spezielle Berufsgruppen zugeschnittene Genossenschaftsbanken – wie die PSD-Bank für Postmitarbeiter – vollzogen diesen Schritt. Ihre Neukunden wirbt die Sparda-Bank überwiegend bei den privaten Großbanken wie Deutscher, Dresdner oder Commerzbank ab sowie bei reinen Direktbanken, erzählt Schindler.

Mit der Spezialisierung auf Arbeitnehmer bleibt der Kundenkreis dennoch beschränkt, die Risiken des Geschäfts mit Firmen und Selbstständigen fallen weg. Der Ausschluss spart der Sparda-Bank Kosten – genauso wie das dünne Filialnetz.

Zentrale zerbombt

Trotz der Ausdehnung beim Kundenkreis: Rein geographisch blieb die Genossenschaft ihren Ursprüngen bislang treu. Der Standort wurde zwar oft gewechselt, lag aber meist in Bahnhofsnähe. Unmittelbar nach dem Stapellauf bezog die Sparda Quartier in der einstigen Eilgutabfertigung. Im Krieg agierte das Unternehmen von verschiedenen Standorten: Zahlstelle und Darlehensabteilung blieben in Nürnberg – im Luftschutzraum des Bahnhofs. Der Rest wurde nach Eschenau und Georgensgmünd ausgelagert. Eine gute Entscheidung: Im Februar 1945 schlugen Bomben direkt in der Eilgutstraße 10 ein – die einstige Zentrale war nur noch ein Schutthaufen.

Nach Kriegsende schlupften die Banker zunächst im Verkehrsmuseum unter, zogen 1951 schließlich wieder in die Eilgutstraße, diesmal Nummer sieben, um 1976 dann ins größere Nachbarhaus zu wechseln. Im gleichen Jahr wurde der sperrige Name Reichsbahn-Spar- und Darlehenskasse auf Sparda-Bank verkürzt. Die Zentrale war damals noch der einzige Stützpunkt. Erst drei Jahre später entschied der Vorstand, Filialen zu gründen, die erste davon in Würzburg.

Heute gibt es in Nordbayern insgesamt 20 Geschäftsstellen der Sparda-Bank Nürnberg, überwiegend in größeren Städten. Die jüngste hat im vergangenen Jahr am Nürnberger Friedrich-Ebert-Platz ihre Türen geöffnet.
Das Geschäftsgebiet der Bank mit zusammen 300 Mitarbeitern reicht von Aschaffenburg im Westen über Coburg im Norden bis nach Roth im Süden. Als Nächstes soll Neumarkt, bislang ein weißer Fleck bei den Genossen, erobert werden. Nur die zähe Suche nach einem geeigneten Standort verzögert das seit Monaten geplante Vorhaben.
Aus dem Jubiläumsjahr will Stefan Schindler das „erfolgreichste in unserer Geschichte“ machen. Bei seiner Zuversicht stützt sich der Vorstand auf die guten Zahlen in den abgelaufenen zwölf Monaten. Vor allem Versicherungen haben sich 2004 mit einem 50-prozentigen Plus beim Neugeschäft als Turbo erwiesen. Aber auch der Verkauf von Fondsprodukten lief den vorläufigen Zahlen zufolge mit einem Anstieg um 20 Prozent gut. Das zuletzt zurückgegangene Baufinanzierungsgeschäft stabilisierte sich.

In Bahnhofsnähe

Im laufenden Jahr streben die Genossen Zuwächse in allen Geschäftsfeldern an. Zugleich wollen sie mit 14 000 neuen Kunden ihre Position als größte Genossenschaftsbank in Nordbayern ausbauen. Im Verbund der bundesweit zwölf rechtlich selbstständigen Sparda-Banken nimmt die Sparda-Bank Nürnberg mit einer Bilanzsumme von 2,6 Mrd. € (2003) den fünften Platz ein. Um den geplanten Zuwachs zu verkraften, wollen die Genossen – wieder einmal – umziehen. Die Zentrale soll aus der Eilgutstraße in ein größeres Haus verlagert werden – am besten in Bahnhofsnähe.

Quelle: Nürnberger Nachrichten

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