Die Türme der Erkenntnis

Der Museumsleiter über die neue Sonderschau „Meisterwerk und Massenware“ im Fembohaus, Nürnberger Witz und Kultur-Vermarktung

Für ihn ist das Museum „eine Dienstleistungseinrichtung mit kulturellem Auftrag“: Matthias Henkel, Leiter der Stadtmuseen Nürnberg, krempelt seine Häuser ordentlich um. Im Fembohaus wird das jetzt räumlich erfahrbar.

Für die Sonderausstellung „Meisterwerk und Massenware“, die von Mittwoch an dem sprichwörtlichen „Nürnberger Witz“ der Handwerker, Erfinder  und Industriellen nachgeht, wurde die L-förmige Sackgasse im Erdgeschoss in einen Rundgang verwandelt. Von Hustenbonbons über T-Shirts und Lebkuchen bis zu einer Dürer-Hörl-Bauer-Hasentasse reichen zudem die begleitenden Merchandising-Artikel. Ab heute ist die Webseite www.nuernbergerwitz.eu geschaltet.

AZ: Herr Henkel, Sie feiern Nürnbergs künstlerische und industrielle Vergangenheit. Braucht die Stadt so viel seelische Streicheleinheiten?
Matthias Henkel: Die Nürnberger Seele braucht gar nicht gestreichelt zu werden. Man muss sich nur genau anschauen, wie viel Gewitztheit hier in der Region war, ist und auch sein wird.

Und die Merchandising-Palette ist Ausdruck dieser Gewitztheit?
Es ist nicht nur ein Aspekt der Ausstellung, sondern ein Mittel, mit der Stadt ins Gespräch zu kommen. Ich bin ja mit der Philosophie angetreten, die Museen zu einer Identitätsfabrik zu machen, ein wichtiges Organ innerhalb des Organismus Stadt zu sein. Diese Ausstellung will im besten Wortsinne Heimatmuseum sein und kann zum Stadtgespräch werden, weil die Menschen Altes mit neuem Blick sehen, aber auch völlig Unbekanntes entdecken können.

Wie das?
Museen sind Orte von Geschichte, und wir erzählen sie über Geschichten. Die „Meisterwerk“-Ausstellung ist eine Entdeckungsschau. In der Konzeption haben wir die faktische und die sinnliche Ebene voneinander getrennt: Zuerst kommen die 13 Türme der Erkenntnis, dann ein Raum, in dem die Objekte wie das Tempo-Taschentuch ihre Geschichte über Kopfhörer selbst erzählen.

Wo hört die Kunst und das Kunstgewerbe auf und wo beginnt die Vermarktung?
Man kann das eine nicht vom anderen trennen. Es ist ebenso gut eine Ausstellung mit einer professionellen Kommunikationskampagne wie eine professionelle Kommunikationskampagne mit einer tollen Ausstellung. Man muss die Projekte von der Kommunikation her konzipieren, und das hier ist ein Beispiel dafür.

Wenn die Nürnberger Versicherung gleichzeitig Ausstellungsobjekt und Sponsor ist, verwischen da nicht berechtigte Grenzen?
Das glaube ich nicht. Hier wird keine Schleichwerbung gemacht. Museum dokumentiert auch gelebtes Wirtschaftsleben. Die Nürnberger Versicherung präsentiert sich mit einem alten Blechschild von 1910. Das ist ein Stück Selbstverständnis, zu sagen: Wir sind mit der Region verwachsen. Es ist alles transparent, und am Ende muss man auch keinen Versicherungsvertrag unterschreiben.

Haben Sie im Wettbewerb um Sponsoren die besseren Karten, weil diese in einer Ausstellung wie dieser optisch präsent sein können?
Das große Engagement der Nürnberger Versicherung bei uns hat gute alte Gründe. In meiner Zeit als Pressesprecher des Germanischen Nationalmuseums haben wir mit ihr hervorragend zusammengearbeitet. Als ich dann gesehen habe, was wir für ein schönes Projekt hier entwickeln und ich nicht genug Geld hatte, habe ich dort offene Tore gefunden. Ohne dieses Geld hätten wir die Ausstellung nicht machen können, und mit dem Geld waren nachhaltige Investitionen möglich, die wir auch in Jahren noch spüren werden.

Quelle: Abendzeitung

Hinweis: blauhaus hat die Ausstellungsarchitektur Meisterwerk + Massenware konzipiert und umgesetzt.

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