Die ehemalige Privatvilla der Bankiersfamilie Kohn

Architekt: Kreibich, Nürnberg
Restauratoren: Firma Wiedl und Frau Simon

Die feudale Privatvilla der Bankiersfamilie Kohn bezeugt noch heute, wie bereits vor einhundertfünf Jahren bei ihrer Errichtung im Jahre 1897, den Reichtum der Familie. Das ebenso prächtige Bankhaus der Familie mit der Adresse Königstraße 26, in dessen wiedererrichtetem Gebäude der heutige Drogeriemarkt Müller untergebracht ist, wurde im zweiten Weltkrieg völlig zerstört. Emil Kohn, der Sohn des Firmengründers Anton Kohn, ließ das Privathaus Campestraße 10 an der im Jahre 1895 auf einem ehemaligen Gartengelände angelegten Campestraße für seine Familie als Wohnhaus errichten. So entstand im Jahr 1897 die großbürgerliche, mit Rokokoelementen verzierte Zweiflügelanlage. Ein in Südwestrichtung ausgerichtetes, in elliptischer Form angelegtes Treppenhaus verbindet die nach Norden und Osten verlaufenden Gebäudetrakte. Im Hochparterre der Villa befanden sich ehemals die Repräsentationsräume der Familie, die aus einem Vestibül, das oval angelegte Treppenhaus zu erreichen war, einem großen Festsaal mit Veranda und einem Wintergarten bestanden. Die insgesamt jeweils aus vierhundert Quadratmetern Fläche bestehenden Etagen boten genügend Platz für den Lebensstil der Bankiersfamilie, wo sich während gepflegt stattfindender Kaffeetafeln ein Kindermädchen um den Nachwuchs kümmerte. Das Adressbuch aus dem Jahr 1902 verzeichnete neben dem Eigentümer Emil Kohn den Oberpostassessor Paul Kann und den Kunstgärtner A. Fink als Mitbewohner. Paul Kann, der damals wohl höchste jüdische Beamte in Bayern, heiratete Emil Kohns Tochter Elise und lebte mit ihr und den beiden gemeinsamen Töchtern Charlotte und Helene in der Villa. Nach mehr als dreißig Jahren wurde das Leben der Familien in der Villa Kohn dann durch die Nationalsozialisten jäh zerstört. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 drang die SA in die Villa der Familie ein und schlug die Einrichtung und Ausstattung kurz und klein. Nur auf Bitte des Hausmeisters ließen die Schlägertrupps die achtzigjährige Wilhelmine Kohn, Witwe des Emil Kohn, in Ruhe, die diese Nacht in ihrem Hause miterleben musste. Bei den darauf folgenden „Arisierungen“ musste auf Betreiben der Nationalsozialisten die Firma in Liquidation treten, und die Familie wurde gezwungen, nicht nur ihr Bankhaus, sondern auch die Villa zu einem Spottpreis abzugeben. Für zehn Prozent des Einheitswertes ging die gesamte Gebäudeanlage in der Campestraße zunächst in den Besitz des Gauleiters von Franken, Julius Streicher, dann anschließend in den Besitz des Deutschen Reiches über und wurde ab 1940 vom Reichsarbeitsdienst (RAD) genutzt, der im Garten der Familie dann einige Holzbaracken errichtete und aus dem Anwesen selbst Mieteinnahmen bezog.

Alle vier Kinder des Elternpaares Emil und Wilhelmine Kohn, Elise Kohn, verheiratete Kann, Johanna Kohn, verheiratete Gugenheimer, die beiden Söhne des mit einundsechzig Jahren verstorbenen Emil Kohn, Martin und Richard, die Nachfolger im Bankgeschäft, wurden 1941 und 1942 in Konzentrationslager deportiert und überlebten diese Zeit dort nicht. Die Enkel des Villenerbauers Emil Kohn erhielten erst nach jahrelangen, gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren und Verhandlungen ihr Anwesen zurück. Sie konnten die Zeit des Nationalsozialismus in den USA verbringen und überlebten diese dort, im Gegensatz zu ihren Eltern, die diese Zeit hier miterleben mussten. 1955 verkauften sie dann das Haus ihrer Eltern und Großeltern an die vornehme Gesellschaft Museum e.V., deren ursprüngliches Domizil sich mit der Adresse Königstraße 1, direkt an der Museumsbrücke, die ihren Namen von der Gesellschaft Museum erhielt, befand. Nun zu den denkmalpflegerischen Arbeiten an der einstigen Privatvilla: An der mit Dekorationselementen des Rokoko und des Barock gestalteten Sandsteinfassade des heutigen Domizils der Gesellschaft in der Campestraße 10 waren nun seit dem Bestehen des Gebäudes umfangreiche Fassadensanierungsmaßnahmen notwendig geworden. Für die Putzbereiche der kombinierten Sandstein-Putzfassade gab die Befunduntersuchung Aufschluss über die ursprünglichen Farbtöne und die Beschaffenheit der Putzflächen. Die behutsam durchgeführte Sandsteinrestaurierung gab der Fassade in Kombination mit ihren verputzten Flächen, die mit lasierenden Anstrichen versehen wurden, ein auf ihre Ursprünglichkeit zurückgehendes Aussehen zurück. Die vorhandenen Holzfenster wurden erhalten und instandgesetzt. Bei der ebenfalls notwendigen Restaurierung des Treppenhauses ergab die Befunduntersuchung eine Verzierung der Erhöhungen der Stuckverzierungen mit Blattgold, was beim neuen Anstrich wieder ausgeführt wurde. Reliefartig gestaltete Figurenpaare, der griechischen Mythologie entstammend, befinden sich über feinen Wandpilastern auf steinernen Wandsockelbereichen. Das weitere Bestehen des Gebäudes mit seiner einst so glanzvollen Entstehungsgeschichte bleibt hiermit für weitere Jahrzehnte gesichert und seine exklusive Nutzung erhalten.

Quelle: St. Johannis - Geschichte eines Stadtteils,
„Haben Sie nicht das Bankhaus Kohn gesehen?“,
175 Jahre Museum,
Reichskleinodien.

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