Aus für Kult-Kino

Bauauflagen: Meisengeige schließt nach 43 Jahren

Eine Kino- Institution macht dicht: In der „Meisengeige“ gehen am 31. Oktober die Lichter aus. Der Grund? Verschärfte Bauauflagen. Die Bauordnungsbehörde hat etliche Mängel in dem 43 Jahre alten Programmkino am Laufer Schlagturm festgestellt.

Es gab Gerüchte. Gestern bestätigte Kino- Mogul Wolfram Weber, dass er die „Geige“ zusperren wird. In einer Pressemitteilung werden als Begründung „massive Probleme“, die die Änderungen in der bayerischen Bauordnung mit sich bringen, genannt.
Bei einer routinemäßigen Begehung haben Mitarbeiter der Bauordnungsbehörde gravierende Mängel festgestellt. „Von der Baugenehmigung ist seit Jahren abgewichen worden“, sagt Amtschef Daniel Ulrich. Zum Beispiel sei ein für Gastronomie- Zwecke genehmigter Raum im Keller einfach als Kino- Saalgenutzt worden. Das Hauptproblem: „Die Personenzahl im Kino wurde erhöht.“ Es seien mehr Besucher drin als hineindürften.
Die Stadt hält die Sicherheitsprobleme allerdings für lösbar und setzte der Eigentümerin des Hauses beziehungsweise dem Kinobetreiber eine Frist bis 14. Oktober, um einen entsprechenden Bauantrag einzureichen. Doch das ist nicht geschehen.

Sechsstellige Summe

Kinobetreiber Weber und die Hauseigentümerin sind sich nicht einig geworden. Um alle Auflagen zu erfüllen, müsste nach Angaben der Eigentümerin, die anonym bleiben will, rund 250 000 Euro investiert werden. „Wir haben gesagt, wir zahlen das.“ Im Gegenzug wollte sie Weber aber entsprechend lange per Mietvertrag binden. „Weil es sonst nicht rentabel wäre“.
Darauf ließ sich Weber aber nicht ein. Für ihn wäre ein Mietvertrag von maximal fünf Jahren Laufzeit infrage gekommen, sagt er, aber keine jahrzehntelange Bindung. Selbst in das Kino zu investieren, um die Auflagen zu erfüllen, war keine Option für ihn. „Solch massive bauliche Investitionen in ein Fremdobjekt kommen nicht infrage“, heißt es in einer Pressemitteilung der Fantasia Film GmbH, hinter der die Familie Weber steht.
Das bedeutet das Ende. Für den 31. Oktober ist ein Abschiedsfest geplant. Was dann kommt? Gerüchten, wonach sich die Luxus- Gastronomie ansiedeln wolle, widerspricht die Hauseigentümerin. Ihr schweben ein Café und Wohnungen vor, „eventuell für Studenten“.
Die „Meisengeige“ ist in einem denkmalgeschützten Haus untergebracht. Sie gehört zu den ältesten Programmkinos in Deutschland. Filme jenseits der Massentauglichkeit finden hier ein Forum. Autorenfilmer wie Werner Herzog und Volker Schlöndorff waren in der „Geige“ zu Gast. Der amerikanische Underground sei unter anderem durch John Waters höchstpersönlich vertreten gewesen, heißt es in einem Rückblick.

Keimzelle für Karriere

Für Wolfram Weber war das kleine Kino in dem Mittelalter- Haus die Keimzelle für seine Kino- Karriere, die er mit dem Bau des Cinecitta krönte. Weber wohnte sogar jahrelang mit seiner Familie in dem Haus. In der Kino- Kneipe mit ihrem dunklen Mobiliar und den verspiegelten Wänden, in der die Zeit scheinbar stehengeblieben ist, gingen Generationen von jungen Leuten ein und aus.
Nun macht also wieder ein kleines Kino in der Stadt dicht – nach „Apollo“, „Atlantik“ und „Museum“. 2010 schloss auch das „Atrium“ in der Südstadt endgültig, das ebenfalls die Familie Weber betrieben hatte.
Dem „Roxy“ am Südfriedhof drohte unlängst ein ähnliches Schicksal, das ihm am Ende aber erspart blieb. Es fand sich eine neue Betreiberin. Ein Happy End hatte es vor einigen Jahren auch für das „Casablanca“ am Kopernikusplatz gegeben, obwohl die Brüder Wolfram und Eckhard Weber nach 33 Jahren den Daumen über das Kino gesenkt hatten. Der „Casa e. V.“ rettete die Südstadt- Perle mit viel Enthusiasmus vor dem Aus.
Noch eine Kino Rettung? Helfried Gröbe, Vorsitzende des Casa e. V., winkt ab. „Das halte ich für außerordentlich unwahrscheinlich. Wir haben so viel Kraft und Energie in das Casablanca hineingesteckt, dass wir denken, es wäre nicht zweckführend und sinnvoll, die Kräfte zu teilen“. Nichtsdestotrotz bedauert Gröbe das Ende der „Meisengeige“. „Ich finde es schade, dass so ein Arthouse- Kino schließt. Ich bin da auch immer gerne reingegangen.“

Quelle: Nürnberger Nachrichten, vom 26. September 2013

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